… Nach der genialen Bike & Hike Tour auf den Bärenkopf sammeln wir Anna am Bahnhof in Jenbach auf und starten schnurstracks ins Zillertal. Je weiter man in das Tal reinfährt, umso schöner wird es dort – und da gehts ganz schön weit hinein! Irgendwann ist dann aber doch Schluss und nach dem Bergsteigerdorf Ginzling, am Parkplatz beim Gasthof Breitlahner (kostenpflichtig), tauschen Manu, Anna und ich den Motor wieder gegen Muskelkraft.

Einziger Unterschied zum Vormittag: Ein vollgestopfter 40l Rucksack in dem Schlafsack, Matte, Kletterausrüstung, Daunenjacke und – ganz wichtig – viel gute Jause gerade so noch Platz haben. Ohaa, da brennen die Oberschenkel! Los geradelt sind wir um ca. 19:00. Ein guter Biwak-Platz in der Nähe der Berlinerhütte ist unser Ziel – am besten vor Sonnenuntergang. Dank dem gut ausgebauten Forstweg sammeln wir aber recht schnell Höhenmeter und freuen uns schon heimlich, dass wir uns am nächsten Tag den Rückweg erleichtern würden. Kurz vor der Alpenrosenhütte (1873 m) verstecken wir unsere Bikes hinter ein paar Daxen und schauen uns den Zemmgrund erst mal genauer an… die Gletscherbrüche in der abendlichen Lichtstimmung, der Bach durch das weite Tal, überall pinke Almrosen… fast schon kitschig!

Die letzten Höhenmeter für den heutigen Tag gehts also zu Fuß weiter und um ca. 21:30 haben wir die gigantische Berlinerhütte erreicht – ganz schön monströs, aber auch beeindruckend steht sie da, die unter Denkmalschutz stehende 1878 erbaute Schutzhütte. Gar nicht so einfach ein trockenes Platzerl zu finden – der viele Regen der letzten Tage hat die Wiesen in eine Sumpflandschaft verwandelt. Wir entscheiden uns deshalb für ein paar trockene Felsplatten mit Blick auf die Gletscherbrüche unterhalb des Großen Möselers. Schön flach, trocken und bald klart auch der Himmel wieder etwas auf. Wir kuscheln uns unter dem Sternenmeer in unsere Schlafsäcke. 1 Million Star Hotel!

Ein tiefer Schlaf ist bei Biwak-Nächten ja eher selten… Meistens ist es zu kalt oder zu heiß, die Hangneigung nicht ideal oder ein nerviger Stein bohrt sich ins Kreuz. Umso besser  daher unsere Laune als wir am nächsten Morgen alle drei nach einer angenehmen Nacht bei idealen Temperaturen und bestens ausgeruht aufwachen. Jetzt ein Kaffee! Gibt’s was besseres, als mit Leuten am Berg zu schlafen die allesamt die gleichen Kaffeejunkies sind wie man selbst? Nach einem ausgiebigen Frühstück lassen wir unsere Biwak-Ausrüstung in der Hütte zurück – da werden wir nach unserer Tour auf jeden Fall noch gerne etwas konsumieren.

Hosch du epa üsern Gifpel scho gsacha?“

Die Wetterlage könnte besser sein: Ziemlich kühl und bedeckt, alle Gipfel in den Wolken… unser Ziel, die Zsigmondyspitze (Feldhorn) lässt sich nur ganz kurz blicken und verschwindet dann bald wieder in der dichten Nebeldecke. Der Rucksack kommt uns wegen dem losgewordenen Biwak-Ballast ultraleicht vor und so erreichen wir bald den malerischen Schwarzsee. Der Gipfel will sich noch immer nicht zeigen und so steuern wir unseren nächsten Anhaltspunkt, die Melkerscharte, an. Kurz vor der Scharte halten wir uns rechts, aber die Wolkendecke direkt über uns macht es schwer den Einstieg zu finden. Erstmal Schoko-Pause. Werden wir den Einstieg finden? Macht es überhaupt Sinn bei so wenig Sicht in den Gipfelgrat einzusteigen? Gehen wir womöglich zu viel Risiko ein bei den nassen und rutschigen Verhältnissen? Unsere Stimmung stand eher im Sinkflug… Aber da! Ganz kurz lichtet sich die Wolkendecke und wir können eine Scharte in südlicher Richtung erkennen, da müssen wir hin!

Groupie-Moment in der Wand 

Beim Einstieg  in den Südgrat der Zsigmondyspitze treffen wir dann auch eine weitere Seilschaft die bereits am Weg retour ist. Sie haben den Gipfel ohne Probleme am Seil gesichert erreicht. Die ersten beiden 2er Seillängen wollen wir auf jeden Fall ohne Seil versuchen. Mit guten Henkeln und bei relativ griffigem Fels funktioniert das auch einwandfrei – so weit so gut! „Hui do pfeifts owa gonz sche owe!“ Bei dem dichten Nebel kann man zumindest nur erahnen wie weit es wirklich runterging. Dafür ist die Wegfindung alles andere als einfach. Ist das schon die im Topo gekennzeichnete Querung? Nein, kann nicht sein, das war doch viel zu kurz.

Während wir noch diskutieren, kommt uns eine Zweier-Seilschaft entgegen – he, den kenn ich doch! Kein geringerer als Peter Habeler, Bergsteigerlegende aus dem Zillertal! Er war als Erster ohne Sauerstoff am Mt. Everest, in 4 Stunden durchstieg er die Matterhorn Nordwand, im Alter von 74 Jahren absolvierte er die Eiger Nordwand. Ein absolutes Idol. Aber nicht, weil wir in diesem Leben noch Ähnliches erreichen wollen (naja ok, cool wär’s schon), vielmehr weil man ihm die Freude am Bergsteigen noch immer so eindeutig ansieht. Mitten im Nebel, auf einem Berg den er mit Sicherheit schon auswendig kennt, freut er sich ganz offensichtlich sehr eine 3er Mädelsgruppe zu treffen und macht auch gerne noch ein Foto mit uns. Er gibt uns noch ein paar Tipps für die nächsten Seillängen und wir steigen weiter auf.

Wooow, plötzlich spüren wir einen enormen Motivationsschub! Die nächsten 3er Stellen klettern wir ohne Probleme seilfrei und erreichen wenig später den Gipfel. Mitten im White-Out sehen wir eigentlich nix außer das Gipfelkreuz, und doch bekommen wir das Dauergrinsen nicht mehr aus dem Gesicht – YEEAH we made it! 🙂

Der Abstieg lässt sich genauso problemlos klettern und die Schneefelder rutschen wir (bei ziemlich lautem Gelächter) auf unseren Rucksäcken hinunter. Bald haben wir auch die Berlinerhütte wieder erreicht, wo wir uns erstmal einen Nachmittagskaffee gönnen. Peter Habeler sitzt auch schon gemütlich mit einigen Bergsteigerkollegen beisammen und gratuliert uns noch einmal zu unserer Tour, oder vielleicht auch zu unserer Mädelsformation. Schwer zu sagen. 😉

Als wir auf unseren Bikes den Forstweg hinunter zum Ausgangspunkt fetzen steigt das Glücksgefühl auf die höchste Stufe…der Ausklang eines mega spannenden, lustigen und schönen Abenteuerwochenendes. So spannend, weil bei einer reinen Mädelsgruppe auf ähnlichem Niveau, jede einzelne bei der Planung und bei Entscheidungen am Berg gefordert ist. So lustig, weil trotz semi-optimaler Bedingungen immer jemand einen Schmee auf Lager hat. Und so schön, weil uns die Natur und Wetterstimmung in den Zillertaler Alpen einfach fasziniert!

Mit einem Berg an Eindrücken kommen wir Daheim in Innsbruck an – happy, ziemlich dreckig und hungrig. Tip top Wochenende!

Hier geht’s zum Topo.

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