Kurz vor 8 legt das Schiff ab und wir tuckern langsam los, einmal längs über den Königsee nach St. Bartholomä. Der Schiffsführer beglückt uns mit seinem Touristenprogramm. Das ein oder andere Mal muss ich auch schmunzeln und teilweise erkenne ich mich selbst wieder, wenn ich beim Guiden meine „Gedichte“ aufsage.
Dann verliere ich mich in meinen Gedanken… Vor mir liegen zwei Klassiker der Berchtesgadener Alpen. Die Watzmann Ostwand, mit 2000hm die längste durchgehende Felswand der Ostalpen, und die Blaueisumrahmung. Beide für sich eigentlich tagesfüllende Unternehmungen, vor ein paar Wochen kam mir die „grandiose“ Idee die beiden an einem Tag zu verbinden.

Die Trompetenklänge an der Echo-Wand holen mich dann wieder aus meinen Tagträumen. Neben mir im Schiff sitzt der Mann, von dem ich mein „Spazieren“-Ge(h)n geerbt habe, der mich so lange in die Berge geschleppt hat, bis ich selbst Gefallen daran fand. Dass er mich Heute zumindest auf der ersten Hälfte begleitet ist schon eine coole Sache (abgesehen davon, dass er dann das Auto und mich wieder aufsammeln kann).

Attacke!

Die Schifffahrt über den Königsee entschleunigt den Start in den Tag, trotzdem düsen wir in St. Bartholomä recht zügig los – trödeln ist heute nicht angesagt – und nach einer guten halben Stunde erreichen wir die Eiskapelle. (Übrigens das tiefste permanente Eisfeld der Alpen.) Für den weiteren Anstieg durch die Wand folgen wir dem Berchtesgadener Weg, primär weil wir uns die Steigeisen fürs Schöllhorneis sparen wollten und meine sowieso in Innsbruck liegen, andererseits auch weil wir den Weg schon kennen. Gefühlt ist mir die Orientierung allerdings das letzte Mal leichter gefallen, wir kommen aber ohne gröbere „Verhauer“ durch und stehen nach 3:50h auf dem Gipfel der Watzmann Südspitze. Hier oben ist einiges los und bevor wir uns unter die anderen Bergsteiger tummeln spazieren wir direkt weiter Richtung Mitterspitze und Hocheck

Wie schön ist eigentlich Fliegen.

Kurz vorm Hocheck trennen sich dann unsere Wege. Meiner geht weiter in die Luft und auf direktem Weg, quer übers Wimbachtal, Richtung Hochalm unterhalb der Blaueisspitze. Der Weg meines Vaters führt ihn zu Fuß übers Watzmannhaus und die Kührointhütte zurück zum Auto – seine Flugkarriere hat er schon vor gut 30 Jahren an den Nagel gehängt, der stille Zeitzeuge von damals hängt noch immer unterm Dach und zerfällt schön langsam in seine Einzelteile. Ob der Drache wohl noch fliegt?Die Landung ist dann eher ungemütlich aber brauchbar – mit Rückenwind in ein kupiertes Gemisch aus Wiese und Steinen. Alles zusammen gepackt und weiter geht’s zur Eisbergscharte. Die ersten Meter über die Wiesen sind eine wohltuende Abwechslung zu den kantigen Kalk-Felsen der Berchtesgadener Alpen. Lange währt mir der Genuss allerdings nicht und ich habe wieder harten Boden unter den Sohlen.

Der Zweite Streich.

Der Weiterweg führt mich rund um den Blaueisgletscher – der nördlichste Vertreter seiner Art in den Ostalpen. Nach den Schneefällen letzten Winter sieht er Heuer nicht ganz so mickrig aus als sonst. Am zweiten Blaueisturm beginnen dann die klettertechnischen „Schwierigkeiten“ der Tour. Einige abdrängende 4er Stellen an denen mich der Rucksack dezent versucht Richtung Boden zu ziehen. Schön langsam werde ich auch müde und unkonzentriert, die letzten paar hundert Höhenmeter zum Hochkalter muss ich mich schon ziemlich quälen und bin froh endlich am Gipfel zu stehen.

Von Hier an gehts bergab.

Gerade als es am Hochkalter gemütlich wird, lächelt mir aus meinem Rucksack eine Tafel Schokolade entgegen und gibt mir wieder genug Energie weiter zu gehen. Auf dem spitzigen Felshaufen einen Startplatz zu finden gestaltet sich allerdings gar nicht so einfach und diesmal fehlt mir auch noch der Starthelfer. Ein paar Meter vorm Kleinkalter offenbart sich dann ein kleiner Fleck der nicht so aussieht als würde er meinen Schirm instant zerreißen wollen. Die 2000hm runter zum Hintersee sind dann reinster Genuss, ich bin wirklich froh nicht gehen zu müssen und freue mich die glühenden Fußsohlen in den kühlen See zu hängen. Obs da wohl noch ein Eis gibt?

 

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